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Maestro Weissenberg und die grossen Talente
In den letzten zehn Tagen beherbergte das Kloster Engelberg in seinen Mauern einen weltberühmten Mann: den früheren Starpianisten und einzigartigen Chopin-Interpreten Alexis Weissenberg.
Es ist nicht das erste Mal, dass der in Sofia geborene Maestro Gast von Abt Berchtold Müller war. Schon zweimal in früheren Jahren hatte sich Alexis Weissenber in die barocken Räumlichkeiten des Obwaldner Klosters mit jungen Künstlerinnen und Künstlern - mit dem hoffnungsvollsten Nachwuchs an Klavierinterpretinnen und -interpreten aus aller Welt - zu Meisterkursen zurückgezogen. Abt Berchtold Müller schwärmt denn auch: «Diese Meisterkurse von Alexis Weissenberg in Engelberg verliefen ganz und gar erfreulich.» Es sei beeindruckt vom intensiven Arbeiten und Üben, habe mit Staunen und Ehrfurcht zugeschaut und zugehört. wie da bei grosser technischer Präzision und Werktreue an einer persönlichen und spontanen Interpretation von Klavierkompositionen grosser Meister gearbeitet worden sei.
Berchtold Müller müsste aber nicht Abt sein. würde ihm nicht auch noch etwas anderes auffallen: die freundschaftliche Atmosphäre während des Kurses. Der ungezwungene Gedanken- und Erfahrungsaustausch zwischen dem grossen Meister und acht Schülerinnen und Schülern. Schülerinnen und Schüler, die eigentlich allesamt selber schon mit Bravour Konzerte geben könnten. Deren Namen kennt man zwar im Moment noch nicht, doch wird der eine oder andere bestimmt in einigen Jahren CD-Hüllen und Programme von grossen Häusern zieren.
Mittwoch nachmittag, halb drei Uhr: Der Barocksaal des Klosters Engelberg ist noch menschenleer. Im mit Stuckdecken und Barockelementen reich ausgestatteten Raum steht zuvorderst der riesige Konzertflügel von «Steinway and Sons». Davor zwei Videokameras und ein Fotoapparat auf Stativen. Kabel überall. Und eine Tonanlage samt Lautsprechern. Zuerst kommt der Tontechniker, hantiert geschäftig an den Apparaten. Dann treffen so nach und nach Hörerinnen und Hörer ein. Im sportlichen Tenü die einen, schon fast festlich gekleidet andere. Man nimmt Platz. Wartet gespannt auf Maestro und Schüler. Alexis Weissenberg erscheint, nimmt auf einem barocken Lehnstuhl an einem Tischchen mit Schachbrettinrarsien Platz. Ein kleiner, feiner Mann mit weissem Haar und dunkler Lesebrille. Schwarze Hosen, schwarzes Hemd: Ganz Maestro. wie man ihn sich vorstellt. Auf dem Tisch ein Heft und ein Block mit handgeschriebenen Notizen.
Auch die Schülerinnen und Schüler treten ein. Eine internationale Schar: Esperanza Aldana Ataun aus Spanien, Shai Iddo Bar und Shai Wosner aus Israel, Andrea Dindo aus Italien, Yong Kyu Lee aus Korea, die Franzosen Cédric Tiberghien und François Weigel. Und Lev Vinocour aus St. Petersburg. Er setzt sich auf den Stuhl beim Flügel: wirres, langes Haar, ein für die Jahreszeit viel zu warmer Pullover mit Norweger Muster, Jeans und braune Schuhe. Nichts von Konzertatmosphäre. Ein hochbegabter Klavierschüler, der hart arbeitet. Zuerst spielt er eine Sonate von Beethoven. Spielt sie durch. Brillant. Maestro Weissenberg, Kolleginnen und Kollegen, Zuhörer applaudieren, während sich der Russe den Schweiss von der Stirne wischt. Dann verlangt Alexis Weissenberg Chopin-Etuden. Stücke mit gewaltigen technischen Schwierigkeiten. Fingerakrobatik bei den Läufen. Musikalität und «Blauer Chopin Ton» trotz hartem Handwerk. Bis er nicht mehr kann, sich zum Maestro umdreht und erschöpft um Hilfe bittet. Jetzt erst tritt Weisenberg zu ihm. Passage um Passage wird wiederholt. Ein Lauf, bei dem sämtliche Finger gebraucht werden, in dem sie in rasanter Geschwindigkeit über die Tasten jagen, zehn-, zwanzigmal. Bis das erlösende «very good» oder «O.K.» des Meisters kommt.
Zum Schluss - anderthalb Stunden mit phantastischer Musik im Entstehungsprozess sind vorbei - streicht Alexis Weissenberg dem Meisterschüler väterlich, fast liebevoll übers Haar. «Das wird wunderbar beim Konzert am Donnerstag abend», sagt er. Und jeder spürt. dass da einer spricht, der selber hart gearbeitet hat. Einer, der die Nöte und Zweifel dieser jungen Spitzentalente nachvollziehen, verstehen kann. Der 1929 in Sofia geborene Pianist Alexis Weissenberg, der 1947 als Preisträger beim Internationalen Wettbewerb Leventritt seine grosse Karriere eröffnet hatte. Und nach dem Schlusskonzert wird er einer Schülerin oder einem Schüler den Preis «Master Classes Alexis Weissenberg» verleihen. Ihn oder sie in die Öffentlichkeit rücken. Start einer neuen Karriere?
Romano Cuonz, Nidwalder Zeitung 1995
Alexis Weissenberg "Alles ist Begabung"
Der Starpianist über das Business mit der Klassik, falsche Talentförderung und seinen Meisterkurs in Engelberg
Der Pianist Alexis Weissenberg wurde 1929 in Sofia, Bulgarien, geboren. Dort begann er seine musikalische Ausbildung, die er nach dem Krieg in New York fortsetzte, Seit einigen Jahren lebt Weissenberg in der Schweiz. Weissenberg debütierte mit 14 Jahren, gab aber stets nur wenige Konzerte. Er spielte und spielt mit den grössten Dirigenten der damaligen und heutigen Zeit, darunter etwa George Szell, Eugene Ormandy, Sergiu Celibidache und Herbert von Karajan. Neben den Konzerten und Soloabenden begleitet er gerne auch grosse Sänger so etwa Herman Prey bei Mendelssohn-Liedern oder Montserrat Caballé bei Strauss-Liedern. Ganz besonders liebt Weissenberg Bach, Beethoven und Chopin.
Seit dem 2. Oktober und noch bis zum 12. Oktober gibt Alexis Weissenberg seinen Meisterkurs im Kloster Engelberg. Die Lektionen sind öffentlich. Zum Abschluss dieser Master Class findet ein Konzert statt, an dem die Schüler des Kurses eigene Interpretationen vortragen.
FACTS:
Sie gelten in Ihrer Pianistengeneration als der Virtuose, der Techniker und der Intellektuelle. Sie sind, sagt etwa die grosse Sängerin Mara Zampieri, ein lebender Mythos. Wie kommt ein so weltberühmter Mann nach Engelberg, um da Meisterkurse, sogenannte Master Classes, zu geben?
Alexis Weissenberg: Als ich vor fast zehn Jahren in die Schweiz kam, hatte ich schon recht viele solcher Kurse gegeben, in Wien, in Salzburg, in New York ... und irgendwie fand ich, es wäre schön, auch in der Schweiz solche Lektionen geben zu können - vor allem, weil ich dann nicht so weit reisen müsste. Der Abt des Klosters Engelberg hatte davon gehört und lud mich ein. Seit drei Jahren finden jetzt meine Master Classes im Kloster Engelberg statt, und es ist wunderbar.
FACTS: Aber weshalb gibt ein so legendärer Pianist überhaupt Kurse?
Weissenberg: Weshalb wohl? Weil ich stets mein Wissen weitergeben wollte. Weil ich die Jugend mag, und vor allem, weil ich Talente bewundere. Man hört sich Hunderte von Pianisten an, und plötzlich ist da das Talent! Fast mit den ersten Anschlägen auf dem Flügel ist man sich sicher darüber. Man steht staunend davor und weiss: Das ist ein Wunder.
FACTS: Ein Wunder, das sich definieren lässt?
Weissenberg: Es gibt heutzutage eine grosse Anzahl von Pianisten, die technisch absolut brillant spielen. Doch irgend etwas fehlt diesen Menschen. Anderseits gibt es Fünfjährige, die spielen, und man hört den Anschlag, ihre Phrasierung und weiss: Hier sitzt ein Talent.
FACTS: Was Sie ja auch waren. Auch Sie begannen sehr früh mit dem Klavierspiel.
Weissenberg: Früh, ja. Aber ist man sich selbst über sein Talent im klaren? Nein. Kinder identifizieren sich genauso leicht mit einer Arbeit wie mit einem Instrument: Man hört das Klavier, weil es zu Hause herumsteht, weil darauf Musik gemacht wird. Ich hatte das Glück, einige Jahre vor dem Krieg in einem solchen Haus in Sofia aufzuwachsen. Vater war überhaupt kein Musiker, dafür Mutter um so mehr.
FACTS: Und die Mutter brachte Sie zum Klavierspiel?
Weissenberg: Überhaupt nicht. Sie hat mich weder gefördert noch gezwungen oder darauf gestossen. Für mich war der Ton die Sache, die ich als erstes definierte. Ob der Zug in der Nähe pfiff, ob die Autos in der Strasse Lärm verursachten Töne waren für mich die ersten Eindrücke. Nicht umsonst, denke ich, entwickelt sich beim ungeborenen Kind als erstes Sinnesorgan das Ohr. Und nicht umsonst spricht man von der «Muttersprache». Nicht weil die Mutter spanisch oder französisch spricht, sondern weil das Ungeborene während der Schwangerschaft phonetisch von Lauten und Tönen beeinflusst wird. Ich bin sicher, das ich bereits als Fötus von meinem Instrument berührt wurde. Nicht von ungefähr habe ich als Kleinkind stets gesungen. Auf Schulweg sang ich im Takt der Schritte.
FACTS: Die Mütter sind es also, die ein Talent übertragen?
Weissenberg: Sie sind sicher formend, denn sie sind ja für neun Monate absolut eins mit dem Kind. Aber darum können Mütter auch schädlich sein. Es gibt welche, die nutzen das Talent ihrer Kinder aus. Sie sind Tyrannen. Und es gibt welche, die halten sich für das Kind; statt dass sie dem Kind das Leben ermöglichen, saugen sie quasi dessen Blut aus. Glücklicherweise war ich nie ein Wunderkind und hatte eine kluge Mutter!
FACTS: Und glücklicherweise hatten Sie Talent. Bald bemerkten Sie, dass Sie anders sind als andere Kinder, besser Klavier spielen als sie, dass Sie offenbar für dieses Instrument «gemacht» sind.
Weissenberg: Dafür gemacht, ja. Besser als die anderen - nein. Dieses Gefühl hatte ich nie in meinem Leben, bis heute nicht. Ich bin für das Spiel der anderen noch immer sehr sensibel und bin immer glücklich, wenn ich gut gearbeitete, gekonnt gespielte Musik hören kann. Glücklicherweise kenne ich weder Neid noch Eifersucht gegenüber meinen Kollegen, denn Neid macht tief unglücklich.
FACTS: Zurück zum jungen Weissenberg, der seine Klavierausbildung macht, zum berühmten Lehrer Wladigerow kommt und dort entscheidende Impulse erhält.
Weissenberg: Was heisst Impulse? Ihm verdanke ich alles. Alles! Er vermittelte mir den totalen Approach zur Musik. Nicht nur jenen des Pianisten, sondern auch jenen des Komponisten. Ich verbrachte meine freien Nachmittage bei ihm, wenn er seine anderen Lektionen gab. Er versorgte mich stets mit neuen Stücken, weil er der Ansicht war, dass ich - so jung wie möglich - ein grosses Repertoire kennenlernen müsste. Denn, sagte er, wer eine grosse Karriere macht, der hat dann keine Zeit mehr, wirklich Neues zu studieren. Er gab mit die Möglichkeit, in meinem Kopf «zu reisen», und er hat mir klug die Risiken und Möglichkeiten meiner Begabung gezeigt. Er wollte, dass ich meine eigenen Erfahrungen mache. Seinetwegen sage ich heute zum Anfang meiner Master Classes immer den gleichen Satz: «Ich versuche Sie zu verstehen. Ich werde Sie nicht beurteilen, dazu bin ich nicht da.»
FACTS: Wie meinen Sie das?
Weissenberg: Allzu viele Lehrer treten in Master Classes mit einer Art Kochbuch an. Da gibt es ein Rezept für Chopin, eines für Mozart. Am liebsten würden sie eine Spritze mit einer Portion - sagen wir einmal der 9. Symphonie von Beethoven - füllen und sie in dein Hinterteil injizieren. Schon kannst du dann das Werk dirigieren! Im Ernst: Ich erinnere mich an einen Meisterkurs, den der berühmte Dietrich Fischer-Dieskau in Como gab. Er kam mit der Überzeugung, dass er als einziger wüsste, wie man Schubert singt. Ein schrecklicher Gedanke, dass nur ein einziger Mensch auf dieser Erde weiss, was eine Komposition aussagen will, wie sie interpretiert werden muss!
FACTS: Was macht denn einen Klavierspieler der grossen Klasse überhaupt aus?
Weissenberg: Um es ganz klar zu sagen: Meine Master Classes sind keine Klavierstunden für die Oberstufe. Ich bin weder Experte für Chopin noch für Bach. Ich möchte den Teilnehmern die Logik, den Ablauf des Stücks, die Ehrlichkeit der Interpretation und der Mittel dazu etwas näherbringen. Was dann noch dazu kommt, das ist die Projektionskraft, um von der Bühne aus die dreitausend Menschen im Publikum zu erreichen.
FACTS: Und wo bleibt die Begabung?
Weissenberg: Alles ist Begabung. Alles, was du brauchst, ist schon da. Sogar die Technik ist ein natürliches Geschenk. Hast du das nicht, dann nützen dir auch zehn Stunden Üben pro Tag nichts. Auch die Fähigkeit, dein Publikum zu erreichen, ist nichts anderes.
FACTS: In Ihrer Lebensgeschichte sind wir immer noch in Bulgarien. Was geschah danach?
Weissenberg: Ich ging nach Kriegsende nach New York. Heute weiss ich, dass ich das einzig richtige tat, denn jede wirkliche kulturelle Entwicklung eines Menschen beginnt mit einer Reise. Der Schock eines anderen Landes, der Schock einer anderen Mentalität, der Schock eines anderen Lebenstemperamentes..., das setzt die Gedanken in Bewegung. Zu wissen, dass andere Menschen nicht schlechter und schon gar nicht besser sind, sondern bloss anders.
FACTS: Sie kamen ins New York der vierziger und fünfziger Jahre?
Weissenberg: Ja. Es war toll. Ich besuchte nicht nur die Julliard School of Music, sondern gewann auch den Leventritt-Wettbewerb.
FACTS: Es gab damals schon Wettbewerbe?
Weissenberg: Es gab sie schon immer, und sie sind im Leben eines Musikers eine wichtige und manchmal sogar richtige Sünde!
FACTS: Das heisst: Es gibt Wettbewerbe und Wettbewerbe?
Weissenberg: Und ob! Der «Leventritt» ist noch heute beispielhaft, weil die Jury nicht nur aus Pianisten und Pianolehrern zusammengesetzt ist. In «meiner» Jury waren damals die Pianisten Firkusny und Serkin, die Dirigenten Szell und Steinberg, die Labelmanager von Plattenfirmen wie Columbia und RCA. Wenn Sie sich heute die Zusammensetzung einer Jury ansehen, dann treffen Sie immer wieder auf die gleichen Namen.
FACTS: Mit welchem Resultat?
Weissenberg: Dieselben Leute machen zu allem dieselben Bemerkungen. Sie kommen mit fixen Ideen und wissen haargenau, wie man eine Ballade von Chopin spielt, sie wissen deshalb auch schon, was sie hören wollen. Sie fallen fast in Ohnmacht, wenn jemand Mozart wie Gershwin spielt. Aber wenn jemand Mozart wie eine müde Musikdose spielt, dann finden sie es richtig. Und so gibt es immer mehr dieser «Spieldosenmusik». Die Pianissimi sind inzwischen so mager, als kämen sie von Bulimisten. Dass sie keinen Saal erfüllen oder durchdringen könnten, nicht bis zum Zuhörer gelangen, danach fragt niemand!
FACTS: Der «Leventritt» war da anders?
Weissenberg: Glücklicherweise, und ist es immer noch. Was nützt es einem Gewinner eines Wettbewerbs, wenn er eine schreckliche, leicht vergoldete Statuette als Preis bekommt und er diese gleich ins Badezimmer stellt, weil sie sonst überall stört? Was nützt es, wenn die Preissumme 2000 Dollar beträgt und dafür ein anständiger Flügel nicht zu bekommen ist? Alle Pianisten und alle Klavierlehrer dieser Welt wissen: Nur auf einem erstklassigen Flügel kann man zu einem erstklassigen Pianisten werden. Und mit drei Konzerten in Timbuktu und einem in Wien als Dreingabe - damit lässt sich nun wirklich keine Karriere machen.
FACTS: Was bekamen Sie denn?
Weissenberg: Ich erhielt, als Beigabe, ein echtes und grosses Netzwerk von Kontakten. Die Jurymitglieder des «Leventritts» arbeiten später mit dir. Sie setzen sich ein für dich, und so macht man Karriere. Aber der Musikmarkt hat sich seither dramatisch verändert.
FACTS: Wie denn?
Weissenberg: Heute wählen Konzertmanagements jene Solisten aus, die am schnellsten viel Geld einbringen. Schallplattenfirmen waren damals anders. Heute muss man sich fragen, wer denn das Marketing dieser Häuser bestimmt. Wer von diesen Leuten ist überhaupt fähig, eine Interpretation von einer anderen zu unterscheiden und zu bewerten? Hätte zum Beispiel Karajan den jungen Ewgeny Kissin nicht so entscheidend gefördert - wo wäre der heute? Im Grunde genommen sollte ein junges Talent etwa fünf Jahre lang gefördert werden, bevor man mit ihm Geschäfte macht.
FACTS: Sie sagten einmal, dass Sie heute keine Karriere mehr machen könnten.
Weissenberg: Wohl wahr! Ich gehöre keiner Gruppe und schon gar keiner Kategorie an. Bloss - und dieser Satz mag anmassend klingen, aber er ist wahr - heutzutage hat niemand, nur weil er Talent hat, die Garantie, Karriere zu machen. Es hängt von ganz anderen Dingen ab. Ob man die richtige Frau heiratet, im richtigen Zeitpunkt eine Reise macht...
FACTS: Wieso denn das?
Weissenberg: Der «Package Deal», mit dem heute eine Karriere in Gang gesetzt wird, muss logisch zusammengesetzt sein, um nicht zu verpuffen. Es braucht etwa drei Jahre, um das Resultat zu erkennen. Wenn von Konzerten bis hin zu TV-Auftritten, von Platten bis hin zu Videos nicht alles stimmt, dann verschwindest du, und kein Mensch will auch nur Klavierstunden von dir.
FACTS: Sie geben jetzt "Klavierstunden" in Ihren Master Classes.
Weissenberg: Da gibt es schon einige Unterschiede. Etwa, dass wir alle zusammen im Kloster Engelberg leben. Jede Stunde ist nicht nur öffentlich, sondern alle Schüler, immer zwischen fünf und acht, sind stets präsent.
FACTS: Wie kommen denn die Teilnehmer zu Ihnen?
Weissenberg: Manche höre ich an Konzerten und lade sie ein, manche schicken ein Tonband oder ein Video. Es werden in allen Konservatorien der Welt Aushänge gemacht. Wir haben Schüler aus Russland, Amerika, Frankreich, Italien. Nur aus der Schweiz hatten wir noch nicht einmal eine Anmeldung!
FACTS: Ob das Kloster Angst macht?
Weissenberg (lacht): Gott behüte! Es sind wunderbare zehn Tage. Stellen Sie sich das vor: Das Kloster hat sechs Konzertflügel gekauft. Wir leben da zusammen, und noch nie gab es Eifersucht. Alle freuen sich, wenn jemand gut ist, und , wenn einer noch besser spielt, dann sind sie sogar glücklich. An Wettbewerben spielt man gegeneinander. Hier musiziert man füreinander!
MICHAEL MERZ
FACTS 4011995
A journalists version of our Engelberg Organ Project (2002)
The Great Organ at the Monastery of Engelberg is not (as the journalist pretends) the only pipe organ in the world with "play-back" capabilities. In Switzerland there is the "new" organ at Tonhalle Zürich or the Organ at the Vicoria Hall in Geneva. But (apart from other features) our system is unique in the special way the actual register settings are continuously displayed and can be modified. And - it is one of the greatest pipe organs embedded in an acoustically adequate environment.
Gregor Antes.